Fachbereich Mathematik

Romseminar 2019

Jenseits von Gut und Böse? – Mathematik, Informatik und die Frage nach der Verantwortung

(parallel in Kiel, Siegen, Dresden und Tübingen)

Poster.jpg

Gemeinsame Exkursion nach Rom: 24. 2. bis 3. 3. 2019

[E]s ist den meisten Menschen heute ohnehin klar, daß die Mathematik wie ein Dämon in alle Anwendungen unseres Lebens gefahren ist (...) und daß die Mathematik die Quelle eines bösen Verstandes bilde, der den Menschen zwar zum Herrn der Erde, aber zum Sklaven der Maschine macht. - Robert Musil (1880-1942)

Auch wenn man die Analyse, die Robert Musil den "in ihrer Jugend- und Schulzeit schlechten Mathematikern" in den Mund legt, in ihrer negativen Einfärbung nicht teilt, so ist es doch unbestreitbar, dass Mathematik und Informatik in einem kaum zu überschätzenden Ausmaß die moderne Lebenswelt prägen. Die Frage nach einer verantwortlichen Gestaltung dieses Einflusses wird allerdings häufig mit dem Hinweis darauf abgewiesen, dass es in der Mathematik nur auf die Richtigkeit ihrer Theoreme ankäme, in der Informatik auf das korrekte Funktionieren ihrer Algorithmen – beide arbeiteten also 'jenseits von gut und böse'. So einfach möchten wir die Frage nach der Verantworung der beiden Disziplinen allerdings nicht trivialisieren lassen. Und so wird das Romseminar 2019 im kommenden Wintersemester und dann während der Exkursionswoche in Rom die Rolle von Mathematik und Informatik in der Gesellschaft in den Blick nehmen. Dabei könnte es zum Beispiel um folgende Fragen gehen:

  1. Auf welche Weise wirken 'autonome' Maschinen – selbstfahrende Autos sind hier nur das bekannteste Beispiel – und wer übernimmt die Verantwortung für deren Funktion bzw. Fehlfunktion?
  2. Welche Rolle spielen Mathematik und Informatik in der militärischen Forschung und in welcher Weise prägen sie die moderne Kriegführung?
  3. Welchen Einfluss haben Daten und Zahlen auf gesellschaftliche Umstände und politische Entscheidungen? Welche Berechtigung hat die Rede von den "Weapons of Math Destruction" (Cathy O’Neil)?
  4. Wie wirken sich moderne Kommunikationsmedien, 'soziale Netzwerke' etc. auf die Gestaltung westlicher Demokratien aus?
  5. Welche Einsichten vermittelt eine mathematische Perspektive auf Fragen der Ge- rechtigkeit, etwa bei der Analyse von demokratischen Wahlverfahren oder gerechtem Teilen?
  6. Wie wurde die Beziehung von Ethik und Mathematik in früheren Zeiten – etwa im Antiken Griechenland, den Zentren der islamischen Gelehrsamkeit oder der Europäischen Renaissance – diskutiert?

    Diese und weitere Themen wird das Romseminar 2019 ansprechen; wie stets bietet es die besondere Möglichkeit, über den Tellerrand des eigenen Studienfachs hinaus zu schauen. Daneben geht es auch darum, Präsentation, Rhetorik und Diskussion in einem fachlichen Kontext zu üben, der diesem Aspekt normalerweise kaum Beachtung schenkt.

    Im Laufe des Wintersemesters werden wir uns zunächst das Thema durch gemeinsame Lektüre, kleine Impulsreferate und Diskussionen auf- und erschließen. Bis Ende Dezember soll dann jeder Teilnehmer ein eigenes Projekt gefunden und im Dialog mit den Studieren- den vor Ort erprobt haben. Dieses wird schließlich während der Exkursionsphase in Rom (25.2. bis 2.3. 2019) vorgestellt und diskutiert. Dabei lassen wir uns durch ein vielfältiges Begleitprogramm auch zu sonst nicht zugänglichen Orten dieser 'Ewigen Stadt' inspirieren.

    Voraussetzung für das Seminar ist Bereitschaft, sich mit der Thematik engagiert auseinanderzusetzen; geeignet ab dem ersten Semester.

    Weitere Informationen bei Kari Küster und Rainer Nagel.